Am Tag von Rareș’ Hochzeit stand eine Frau still in der Tür des Standesamts. Es war seine Mutter, Sylwia Pietrowna. Sie wollte nicht stören – aber auch nicht alles verpassen. Sie beobachtete ihn, voller Stolz, aber auch mit einem Schmerz in der Brust, der sagte: Ich gehöre nicht mehr in dieses Bild.
Er war schön, elegant, charmant. Und sie? Nicht einmal eingeladen.
Am Vorabend hatte Rareș sie angerufen:
— Mama, bitte komm nicht. Du passt da nicht rein. Ich will nicht, dass die Leute denken, ich komme… aus einem Slum. Dein Beruf… ist peinlich.
Die Worte trafen sie wie Messerstiche.
Sie sagte nur:
— Ich habe ein Kleid. Ich lasse mir die Haare machen…
Aber er unterbrach sie:
— Bitte. Mach’s nicht schlimmer. Bleib einfach weg.
In jener Nacht saß sie lange wach mit einem alten Foto von Rareș in der Hand – ein kleiner Junge mit einem blauen Overall und einem breiten Lächeln.
— Ich habe mein Leben für dich gelebt, mein Schatz — flüsterte sie. — Aber vielleicht ist es an der Zeit, ein bisschen für mich zu leben.
Am Morgen stand sie auf, zählte ihr Erspartes aus einer alten Blechdose. Es reichte. Nicht für Luxus, aber für ein schlichtes blaues Kleid, eine Frisur und ein wenig Make-up.
Als sie fertig war und sich im Spiegel ansah, sah sie nicht mehr die müde Frau aus der Wäscherei. Sie sah eine Frau mit Geschichte.
— Rareș — flüsterte sie — heute wirst du mich so sehen, wie ich einmal war. Wie ich geliebt wurde.
Im Standesamt drehten sich alle um, als sie eintrat. Sie ging aufrecht, ruhig, mit einem sanften Lächeln. Ihre Augen verrieten keine Angst, keine Vorwürfe – nur Frieden.
Rareș erkannte sie erst spät. Dann erstarrte er.
— Ich habe dir gesagt, du sollst nicht kommen!
Sie trat zu ihm:
— Ich bin nicht deinetwegen gekommen. Ich bin meinetwegen hier. Und ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte.
Sie lächelte der Braut Dana zu. Diese wirkte verlegen, aber freundlich. Sylwia setzte sich unter die Gäste, ruhig, bescheiden – aber präsent.
Und dann kam der Moment der Reden.
Sylwia stand auf.
— Wenn ich etwas sagen darf…
Alle Augen richteten sich auf sie. Ihre Stimme war ruhig, fest.
— Ich habe im Gefängnis geboren. Dein Sohn. Ich habe ihn allein großgezogen. Ohne Hilfe. Ohne Vater.
Stille.
Dann stand ein Mann auf. Groß, elegant, mit sanften Augen.
— Das ist Victor — sagte Sylwia. — Dein Vater.
Rareș wurde blass.
— Du… meinst das ernst?
Victor trat näher.
— Hallo Rareș. Ich bin dein Vater.
Rareș konnte nichts sagen. In seinem Herzen zerbrach etwas.
— Wir drei — sagte Sylwia ruhig — haben viel zu besprechen.
Und sie gingen. Kein Drama. Kein Lärm. Nur gemeinsam – Mutter, Vater, Sohn.
Eine neue Geschichte begann. Ohne Lügen. Vielleicht mit Vergebung. Ganz sicher aber mit Wahrheit. Und endlich: mit Liebe.