Ich hatte meinen Mann mit den Kindern allein gelassen, während ich für eine Woche verreist war. Ich dachte, das wäre kein großes Ding. Doch als ich nach Hause kam, fand ich meine beiden Jungs schlafend auf dem kalten, schmutzigen Boden im Flur.
Mir blieb das Herz stehen. Was war passiert? Ein Brand? Eine Überschwemmung? Nein, das hätte mir mein Mann sicher gesagt.
Ich schaltete das Licht aus und trat vorsichtig über die Kinder hinweg, tiefer ins Haus hinein.
Ich öffnete unsere Schlafzimmertür – leer. Mein Mann war um Mitternacht nicht da? Komisch.
Dann ging ich zum Kinderzimmer, bereit für das Schlimmste.
Nur zur Veranschaulichung.
Ich hörte gedämpfte Geräusche und öffnete leise, ohne das Licht anzumachen, einen Spalt der Tür.
ICH SCHNAPPE LAUT NACH LUFT. Im schwachen Licht sah ich Mark, mit Kopfhörern auf dem Kopf, Controller in der Hand, umgeben von leeren Energydrink-Dosen und Snackverpackungen. Aber das war noch nicht mal das Schockierendste.
Das Kinderzimmer war in ein Gamer-Paradies verwandelt worden. Ein riesiger Fernseher nahm eine ganze Wand ein, überall LED-Lichter, und in der Ecke – ich schwöre – stand ein Mini-Kühlschrank.
Mark hatte mich gar nicht bemerkt, so vertieft war er in sein Spiel.
Ich riss ihm die Kopfhörer vom Kopf.
— Mark! Was zur Hölle geht hier vor?!
Er blinzelte.
— Oh hey, Schatz. Du bist früh zurück.
— Früh?! Es ist Mitternacht! Warum schlafen unsere Kinder im Flur?!
Er zuckte mit den Schultern.
— Die fanden das ganz cool. Ein kleines Abenteuer eben.
Ich war fassungslos.
— Abenteuer?! Das ist kein Zeltlager, Mark! Das ist unser dreckiger Flur!
Er grinste.
— Reg dich nicht so auf. Ich hab sie gefüttert und so.
— Mit kalter Pizza und Eiscreme? Und was ist mit Baden? Oder mit einem Bett, verdammt nochmal?!
— Sarah, entspann dich.
Da bin ich explodiert.
— ENTSPANNEN?! UNSERE KINDER SCHLAFEN WIE TIERE AUF DEM BODEN, WÄHREND DU VIDEOSPIELE SPIELST!
— Ich wollte nur ein bisschen Me-Time. Ist das so schlimm?
— Weißt du was? Jetzt ist Schluss. Du bringst die Kinder sofort ins Bett.
— Aber ich bin gerade mitten im Level—
— JETZT, MARK!
Er maulte, stand aber auf und ging.
Ich hob Alex hoch – sein Gesicht war verschmiert, mein Herz brach. Beim Zudecken fasste ich einen Entschluss:
Wenn er sich wie ein Kind benimmt, werde ich ihn auch so behandeln.
Am nächsten Morgen begann mein Plan.
Während Mark duschte, schlich ich mich in sein Gamer-Zimmer und zog alle Stecker. Dann machte ich mich an die Arbeit.
Als er in die Küche kam, wartete ich mit einem strahlenden Lächeln.
— Guten Morgen, Liebling! Ich habe Frühstück gemacht!
— Äh… danke? sagte er misstrauisch.
Ich stellte ihm einen Mickey-Mouse-Pfannkuchen hin, das Gesicht aus Obst. Sein Kaffee? In einem Trinklernbecher.
— Was ist das?
— Dein Frühstück, Dummerchen! Iss auf, wir haben einen großen Tag vor uns!
Dann zeigte ich ihm mein Meisterwerk: ein riesiger, bunter Aufgabenplan am Kühlschrank.
— Schau mal, was ich für dich gemacht habe!
Mark starrte es an.
— Was zum…?
— Sprache, junger Mann! tadelte ich.
— Du kannst goldene Sternchen verdienen für Zimmer aufräumen, Geschirr abwaschen und Spielsachen wegräumen!
— Sarah, ich bin ein Erwachsener!
— Dann benimm dich auch so. Neue Regel: Alle Bildschirme aus um Punkt 21 Uhr. Inklusive Handy.
Sein Gesicht wechselte von Verwirrung zu Wut.
— Willst du mich verarschen?
— Wenn du dich beschwerst, geht’s in die stille Ecke!
Eine Woche lang zog ich mein Programm durch.
Jeden Abend um 21 Uhr schaltete ich das WLAN aus. Ich las ihm „Gute Nacht, Mond“ vor und gab ihm ein Glas Milch ans Bett.
Sein Essen wurde auf Kindertellern serviert, die Sandwiches in Dinosaurierform, Snacks: Tierkekse.
Wenn er meckerte, sagte ich:
— Benutz deine Worte, mein Schatz. Große Jungs jammern nicht.
Und der Aufgabenplan? Mark hasste ihn.
Doch jedes Mal, wenn er etwas tat, bekam er ein Sternchen.
— Wow, du hast deine Wäsche ganz allein weggeräumt! Mama ist sooo stolz!
— Ich bin kein Kind, Sarah!
— Natürlich nicht, Liebling. Jetzt komm, wir backen Kekse!
Der Höhepunkt kam nach einer Woche, als er in der stillen Ecke saß, weil er über die Zwei-Stunden-Bildschirmzeit geschimpft hatte.
— Das ist lächerlich! Ich bin ein erwachsener Mann!
Ich sah ihn an.
— Ach ja? Erwachsene Männer lassen ihre Kinder nicht auf dem Boden schlafen, nur um Videospiele zu spielen.
Er sackte zusammen.
— Okay… es tut mir leid.
Ich nickte.
— Ich akzeptiere deine Entschuldigung. Aber… ich hab schon deine Mama angerufen.
Er erbleichte.
— Du hast was?!
Klopf, klopf.
Ich öffnete die Tür – da stand seine Mutter, wütend.
— Mark! Hast du meine Enkel auf dem Boden schlafen lassen?!
Er stammelte.
— M-Mama… ich…
Sie wandte sich mir zu.
— Sarah, es tut mir so leid. Ich dachte, ich hätte ihn besser erzogen.
— Ist nicht deine Schuld, Linda. Manche Jungs brauchen einfach länger zum Erwachsenwerden.
— Ich bin 35! schrie Mark.
— Ich bleibe die Woche hier. Ich bringe ihn wieder auf Spur.
Während Linda in die Küche marschierte, sah mich Mark beschämt an.
— Sarah… es tut mir wirklich leid. Ich war egoistisch. Das passiert nie wieder.
Ich seufzte und lächelte sanft.
— Ich weiß. Aber wenn ich weg bin, muss ich mich auf dich verlassen können. Die Jungs brauchen einen Vater, keinen weiteren Spielkameraden.
— Du hast recht. Ich werde mich bessern. Versprochen.
Ich küsste ihn auf die Wange.
— Ich glaube dir. Und jetzt – hilf deiner Mama beim Abwasch. Vielleicht gibt’s später Eis.
Er trottete los, und ich konnte ein kleines, zufriedenes Grinsen nicht unterdrücken.
Lektion gelernt… hoffe ich.
Falls nicht – die stille Ecke ist immer noch frei.
