Ich war schon immer stolz darauf, die „coole Oma“ zu sein – die, die niemals stillsteht, die Worte wie „Ruhe“ oder „Auszeit“ kaum kennt. Ich träumte davon, hundert Jahre alt zu werden, ohne jemals meinen Elan zu verlieren. Ich habe noch so viele Ideen, die ich mit der Welt teilen möchte.
Man hätte mich beim Welpen-Yoga unter Studenten sehen können oder beim Rollschuhfahren durch den Park mit Männern, die halb so alt sind wie ich.
Ich habe sogar Japanisch gelernt – nur um zu verstehen, was auf dem T-Shirt meines Enkels stand.
Meine jüngeren Freunde bewunderten mich.
Aber über allem stand für mich mein ganzer Stolz: mein Enkel Jason.
Egal wie voll mein Terminkalender war – für ihn machte ich immer Zeit frei. Meine Schwiegertochter Kelly brachte ihn oft mit einem lockeren:
— „Clementina, kannst du bitte für ein paar Stunden auf Jason aufpassen? Ich habe ein paar Erledigungen.“
Diese „Erledigungen“ waren täglich – und ich sagte nie nein. Jason begrüßte mich immer, als wäre ich ein wandelndes Fest:
— „Oma!“
Dieses eine Wort erfüllte mein Herz mit Freude.
Doch Kelly begann, es auszunutzen.
— „Clementina, du bringst Jason heute Abend ins Bett, ja? Ich gehe aus.“
— „Die Suppe, die du neulich gemacht hast – Jason will nichts anderes mehr essen.“
— „Ich habe morgen spontan einen Maniküretermin. Kannst du Jason früher abholen?“
Manchmal fragte ich mich, ob mein Sohn Jack überhaupt sah, was ich alles tat. Er war ständig bei der Arbeit, kam nach Hause zu einem sauberen Haus und einem glücklichen Kind – überzeugt, die perfekte Frau zu haben.
Doch Kelly und ich wussten beide, wer wirklich alles zusammenhielt.
Als ich begann, Jason auch in den Schulferien zu betreuen, fing Jack an, mir mehr Geld zu schicken – doppelt so viel, um genau zu sein.
— „Mama, du machst so viel. Ich möchte, dass du alles hast, was du brauchst.“
— „Ach Schatz, versuch nicht, dir meine Liebe zu erkaufen,“ lachte ich – auch wenn mir die Hilfe natürlich recht kam.
Kelly bekam das sofort mit.
— „Jack, 500 Dollar? Für Eis und Spielplatz? Ich warte immer noch auf mein neues Glätteisen!“
— „Kelly, wir haben das doch schon besprochen.“
Sie zählte jeden Cent, während ich nichts für mich ausgab. Manchmal sah sie mich an mit einem seltsamen Lächeln, das ihre Augen nie erreichte. Einmal hörte ich sie sagen:
— „Wenn er ihr weiterhin so viel gibt, kriege ich nie das—”
Das sollte ich nicht hören. Aber ich lächelte trotzdem.
Das Picknick, Das Alles Veränderte
Bei einem ihrer Budget-Streitgespräche versuchte ich, die Stimmung zu heben:
— „Kinder, ich werde bald 80! Ich mache ein großes Picknick im Park!“
Kelly verdrehte die Augen:
— „Ein Picknick? Mit achtzig? Du hättest wenigstens ein Restaurant buchen können.“
Jack hingegen lächelte:
— „Mama, wir sind dabei!“
Ich plante alles mit Liebe – ohne zu ahnen, dass daraus eine Familiendrama werden würde.
Der Tag war perfekt: Ballons schwebten, das Gemüse brutzelte auf dem Grill, überall Lachen. Jason rannte zu mir:
— „Oma! Ich habe ein Geschenk für dich!“
Jack hielt eine große Kiste in den Händen.
Darin war ein pinkfarbener Tretroller mit Glitzergriffen.
— „Damit wir zusammen fahren können!“ sagte Jason.
Ich war zu Tränen gerührt.
— „Das schönste Geschenk überhaupt.“
— „Probier ihn aus! Lass uns eine Runde drehen!“
Ich holte mir noch ein Erdbeereis – drehte mich um – und Jason war verschwunden.
— „Jason?“
— „Jason!“
Panik stieg in mir auf. Ich sprang auf den Roller und raste durch den Park.
— „Entschuldigung! Ein Junge ist verschwunden!“
Meine Knie zitterten, aber ich fuhr weiter, bis ich keuchend zum Picknick zurückkam:
— „Jason ist weg!“
Jack ließ die Grillzange fallen.
— „Was?!“
— „Ich habe mich nur kurz umgedreht – und dann war er weg!“
Kelly sah Jack kalt an:
— „Siehst du? Sie kommt nicht mehr hinterher.“
Ich ignorierte sie und suchte weiter – bis ich ein Kichern hörte. Jason versteckte sich unter einer Decke.
— „Oma! Du hast mich nicht gefunden!“
Ich kniete mich atemlos hin.
— „Jason, das war gefährlich.“
Er senkte den Blick. Alle schwiegen. Jack trat näher:
— „Mama, alles gut. Er ist wieder da.“
Kelly näherte sich mit honigsüßer Stimme:
— „Du brauchst Ruhe. Du hast genug getan.“
— „Ich bin nicht müde! Ich fange gerade erst an!“
Omas Rache
Jack seufzte.
— „Mama, während wir auf Hochzeitsreise sind, könntest du dir auch mal eine Pause gönnen.“
— „Oh, perfekt! Dann bleibt Jason den Sommer über bei mir!“
Jason jubelte.
Doch Kelly konterte sofort:
— „Nein. Jason bleibt bei der Nanny.“
— „Was?“
— „Sie ist zertifiziert. Jung. Energiegeladen.“
Es war, als hätte mir jemand meine Geburtstagstorte ins Gesicht geschlagen.
— „Aber… warum?“
— „Seien wir ehrlich. Du bist achtzig. Das ist zu viel.“
Jack wollte etwas sagen, doch Jason platzte heraus:
— „Mama hat gesagt, ich soll mich vor Oma verstecken!“
Kelly schnappte nach Luft.
— „Das war unser Geheimnis!“
Mein Herz fror ein. Sie hatte alles geplant.
Ich weinte nicht. Ich schmiedete einen Plan.
Zuhause öffnete ich Kellys Instagram. Ein Selfie zeigte sie mit einer Blondine, markiert als @nanny.nina.
Ich schrieb ihr:
— „Hallo, ich bin Jasons Großmutter. Können wir uns treffen?“
Sie antwortete sofort:
— „Ja, gerne!“
Am nächsten Tag trafen wir uns im Café. Ich kam direkt zur Sache:
— „Schätzchen, ich zahle dir einen Monat Lohn, wenn du den Job absagst. Keine Bedingungen.“
— „Wirklich?“
— „Wirklich. Jason möchte lieber bei Oma bleiben.“
— „Ehrlich gesagt? Danke. Ich hatte sowieso ein komisches Gefühl bei dieser Frau.“
Problem gelöst.
Kurz vor dem Abflug lief Kelly nervös im Kreis:
— „Die Nanny hat abgesagt!“
Ich nippte an meinem Tee:
— „Oh, wie schade…“
Kelly wurde knallrot.
— „Das warst du!“
Jack zuckte mit den Schultern:
— „Dann bleibt Jason wohl bei Mama.“
Jason sprang mir in die Arme.
Und Die Wahre Belohnung
In drei Wochen haben wir Kuchen gebacken, Dino-Ausstellungen gebaut und Scooter-Tricks gelernt. Jack schrieb mir:
— „Mama… du machst das wirklich alles alleine?“
— „Hab ich schon immer.“
Als sie zurückkamen, brachte Kelly kaum ein „Danke“ heraus.
Aber Jack sah mich mit echter Dankbarkeit an.
Und Jason rief von der Veranda:
— „Oma! Eiszeit!“
Und das – war meine wahre Belohnung.
