Cleo hätte sich nie träumen lassen, dass eine einzige verregnete Nachtschicht ihr ganzes Leben verändern würde. Im achten Monat schwanger, erschöpft und mit gebrochenem Herzen, wollte sie einfach nur ihren Dienst beenden und nach Hause fahren. Doch das Schicksal hatte andere Pläne.
Nachdem ihr Ehemann sie zu Beginn der Schwangerschaft betrogen und verlassen hatte, musste Cleo ihr Leben komplett neu aufbauen. Nachtschichten als Taxifahrerin waren kein Zuckerschlecken – schon gar nicht mit einem Babybauch – aber jede Fahrt bedeutete Windeln, Miete, Überleben. Ihre einzige treue Begleitung war Chester, ihr orangefarbener Kater.
An diesem Abend, kurz vor Mitternacht, sah sie einen Mann auf dem Gehweg humpeln. Er war durchnässt, verletzt, mit zerrissener Kleidung und einem blauen Gesicht. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein Obdachloser. Cleo zögerte. Die Angst war da. Doch in seinem Blick lag eine Verzweiflung, die sie dazu brachte, die Tür zu entriegeln.
— „Steigen Sie ein. Ich bringe Sie ins Krankenhaus,“ sagte sie ruhig.
Während der Fahrt wurde ihr klar, dass er auf der Flucht war — vor irgendetwas oder jemandem. Im Rückspiegel tauchten plötzlich Scheinwerfer auf. Die Verfolgung begann. Cleo, getrieben von Instinkt und Adrenalin, bog in vertraute Seitenstraßen ab, fuhr mutig und geschickt – wie jemand, der schon viele Dinge überstehen musste, auch ein gebrochenes Herz.
Der Mann bedankte sich. Er sagte, das, was sie getan hatte, gehe weit über das hinaus, was sie verstehe. Dann verschwand er hinter den Türen des Krankenhauses.
Am nächsten Morgen wurde Cleo von einem tiefen, brummenden Geräusch geweckt. Als sie die Vorhänge öffnete, stockte ihr der Atem: Eine ganze Reihe schwarzer SUVs stand vor ihrem Haus. Männer in Anzügen standen vor ihrer Tür. Und unter ihnen… der Mann von letzter Nacht – jetzt in einem makellosen Anzug, flankiert von zwei ernst aussehenden Begleitern.
— „Frau Cleo,“ sagte einer von ihnen, „mein Name ist James, ich bin der Sicherheitschef der Familie Atkinson. Das sind Mr. Atkinson und sein Sohn Archie – den Sie gestern Nacht gerettet haben.“
Cleo war fassungslos. Archie war der verschwundene Erbe einer der reichsten Familien des Landes. Vor drei Tagen entführt. Und sie hatte ihn aufgenommen – ohne es zu wissen.
Als Dankeschön überreichten sie ihr einen großzügigen Scheck – mehr, als sie sich je hätte vorstellen können – und ein überraschendes Angebot: die Leitung eines neuen sozialen Projekts der Atkinson-Stiftung.
— „Die Welt braucht mehr Menschen wie Sie, Cleo,“ sagte Archie ehrlich.
Chester sprang auf Archies Schoß und schnurrte zufrieden, während Cleo sich die Tränen aus den Augen wischte. Zum ersten Mal seit Monaten fühlte sie sich nicht mehr wie eine Überlebende – sondern wie jemand, der endlich wieder lebt.
Sie legte die Hand auf ihren Bauch und lächelte.
— „Hast du das gehört, mein Schatz? Manchmal reicht eine kleine Geste der Menschlichkeit – und Mama bekommt die Fahrt ihres Lebens.“